Im Gespräch mit Jana Crämer
Der Sommer 2020 ist ein besonderer – wir stecken mitten in einer weltweiten Pandemie. Dennoch war durch die fortschreitende Digitalisierung ein Interview zwischen dem BKK Landesverband Bayern und Jana Crämer per Videokonferenz möglich. Jana berichtet von ihren aktuellen und geplanten Projekten und was sich für sie durch Corona geändert hat.
BKK Landesverband (LV) Bayern: Jana, im Mai ist dein zweites Buch erschienen: Unvergleichlich du! Wie du deine beste Freundin wirst. Was war deine Idee hinter dem Buch und wen möchtest du damit erreichen?
Jana: Es ist ein Buch übers Freundschaft schließen. Nicht mit anderen, sondern mit sich selbst. Ich hatte zwar immer viele liebe Freunde, aber ich habe ihnen niemals mein richtiges Gesicht gezeigt. Eine richtige Stimmungskanone war ich - alle mochten mich so - aber ich habe mich trotzdem nicht gut gefühlt; ich war traurig, unzufrieden und konnte nicht zeigen, wer ich wirklich bin. Das wollte ich ändern! Mit psychologischer Hilfe und der Unterstützung von Freunden, vor allem meinem besten Freund, dem Musiker Batomae, hat das dann auch geklappt. Ich habe mit mir Freundschaft geschlossen und bin jetzt richtig zufrieden mit mir. Zumindest an den meisten Tagen. Mit dem Buch möchte ich anderen helfen, auch mit sich Freundschaft zu schließen. Es ist für jede. Ob Teenagerin oder Rentnerin, das Alter ist unerheblich. Es ist nämlich nie zu spät, neu anzufangen und liebenswerter zu sich zu sein.
BKK LV Bayern: Du bist eine bekannte Bloggerin und Autorin. Was wolltest du ursprünglich für einen Beruf lernen? War Autorin dabei?
Jana: Nein! Ursprünglich wollte ich Tierheimhelferin werden und mit Hunden Gassi gehen und Ställe sauber machen.
Dann bin ich so gerne auf Konzerte gegangen und wurde das Mädchen aus der 1. Reihe. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich Teil des Managements meiner Lieblingsband werden wollte – ich war ja eh bei jedem Auftritt dabei. Das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, ich glaubte nicht, dass ich das schaffen könnte. Aber, ich wurde ermutigt und kam dann von der Frontrow, so nennt man die 1. Reihe vor der Bühne, ins Management. Viele Jahre später erschien mein erstes Buch: „Das Mädchen aus der 1. Reihe“. Eigentlich lese ich gar nicht so gerne Bücher, außer mal einen guten Psycho-Thriller von Sebastian Fitzek, aber das Schreiben macht mir richtig viel Spaß. Es gibt mir Selbsterkenntnis und es ist total toll, dass etwas, was mir selbst hilft, dann auch anderen hilft.
BKK LV Bayern: Was hat dich vor zehn Jahren ausgemacht und was macht dich heute aus?
Jana: Früher: Disziplin, Kontrolle, Ehrgeiz, Schamgefühl, Angst, Überforderung. Ich hatte Angst vor der Zukunft, Angst aufzufliegen. Ich habe so viele Komplimente bekommen, konnte aber selbst nicht sehen, was andere meinten und hatte Angst, dass sie erfahren, wer ich wirklich bin und dann weg sind (kurze Pause). Und viele Konzerte, jedes Wochenende (grinst).
Und heute, da würde ich sagen, Zufriedenheit, Glück, Selbstliebe, Spaß am Leben, ich bin eine Mutmacherin und die Medien sagen über mich, dass ich ein Vorbild bin. Und das ist schön (verlegenes Lächeln). Ich war noch nie so glücklich in meinem Leben wie ich es jetzt bin. Glück liegt in einem selbst und sollte nicht von der Laune anderer oder der Kiloanzeige auf der Waage abhängen.
BKK LV Bayern: Was sind deine Ziele für die nächsten Jahre? Wo möchtest du hin?
Jana: Mein erstes Ziel ist Ende 2021 mit meiner Mama zusammen zu ziehen. Wir gründen wieder eine Mutter-Tochter-WG, das haben wir viele Jahre erprobt und wir sind ein mega gutes Team. Dann erscheint nächstes Jahr im Frühling, wenn alles glatt geht, mein drittes Buch, der zweite Teil von Unvergleichlich Du! Zudem plane ich ein weiteres Projekt. Um was es genau geht, ist noch geheim.
(Aufgeregt) Und dann kommt auch noch das Debütalbum von meinem besten Freund Batomae raus. Darauf freue ich mich sehr; ich möchte endlich wieder das Mädchen aus der 1. Reihe sein. Hoffentlich können Konzerte bald wieder stattfinden.
BKK LV Bayern: Viele Kinder und Jugendliche sprechen dich an Schulen an und treten über die sozialen Medien mit dir in Kontakt. Mit welchen Anliegen kommen sie auf dich zu?
Jana: Essstörung, Einsamkeit, Gewalt in der Familie, sexuelle Übergriffe, sexuelle Fragen, zum Beispiel über das erste Mal, Angst vor der Zukunft, Kontrollverlust. Die Jugendlichen sind mit so vielen Krisen konfrontiert: Steigende Arbeitslosenzahlen, Familienkrisen im eigenen Umfeld, dann die Flüchtlingskrise mit unfassbar grausamen Bildern, Umweltverschmutzung, Überforderung mit den vielen Möglichkeiten im Leben und jetzt kommt auch noch eine Pandemie dazu.
Trotz der Digitalisierung fühlen sich die Jugendlichen einsam. Ich bekomme viele Fragen zu meiner Beziehung mit meinem besten Freund Batomae: Wie sprecht ihr miteinander? Erzählst du ihm auch Probleme oder wenn dir etwas peinlich ist? Es macht auf mich den Eindruck, als wüssten viele Kids viel zu wenig über Freundschaften außerhalb von Social Media. Eltern hängen oft selbst dauernd am Handy, arbeiten sehr viel und haben Leistungsdruck. Es findet kaum noch Kommunikation statt. Dadurch können keine vertrauensvollen Beziehungen entstehen. Kinder haben dadurch das Gefühl, keine Aufmerksamkeit zu erhalten und mit einem schillernden Display konkurrieren zu müssen. Das Schönste ist für mich, wenn ich nach den Konzertlesungen, die wir mit den Betriebskrankenkassen durchführen, Nachrichten erhalten wie: „Wir haben einen Ausflug an den See gemacht, ohne Handy“ oder „Heute war ich Eis essen, obwohl ich mir sowas normalerweise nicht gönne.“
BKK LV Bayern: Wo siehst du die Schwierigkeit in der heutigen Zeit? Warum sind bereits so viele junge Menschen mit sich unzufrieden?
Jana: Der falsche Umgang mit den digitalen Medien. Man folgt den Superreichen, den Supermodels, man vergleicht sich mit dem Unerreichbaren. Dauernd ist man im Wettkampf mit sich selbst oder mit der Clique. Der Song von Batomae Unvergleichlich fasst das alles gut zusammen.
Hier finden Sie alles zum Thema Familie.
Hier finden Sie alles zum Thema Psychische Gesundheit.
Jana Crämer und Batomae
Jana Crämer und Batomae führen zusammen mit den Betriebskrankenkassen im Rahmen des Präventionsprojekts bauchgefühl Konzertlesungen an Schulen durch. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.